Unsere Gesellschaft wird immer älter und steht somit länger im Berufsleben – aber gleichzeitig haben wir einen zunehmenden Mangel an Fachkräften. Klingt paradox, aber jeder, der mit dem Thema Personalgewinnung und -entwicklung zu tun hat, weiß genau, worum es geht. Die Lösung des Problems ist in der Digitalisierung zu finden – wenn man weiß, wo man suchen muss.
Dem Fachkräftemangel vorbeugen – mit Digitalisierung, Diversity und Work-Life-Balance
Studien zeigen: Fachkräftemangel hält an
Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zum Fachkräftemangel erläutert unter anderem folgendes:
„Ein einfaches Gedankenexperiment zeigt, wieso es mit inländischen Ressourcen leider nicht komplett gehen wird. Denn wenn man bis zum Jahr 2060 schaut, würde ohne Zuwanderung und bei konstanter Erwerbsbeteiligung, das Arbeitskräfteangebot um 16 Millionen Personen zurückgehen. Aber selbst, wenn die Menschen sehr viel mehr arbeiten würden, also wenn zum Beispiel Frauen so viel arbeiten würden wie Männer und die Rente mit 70 eingeführt würde, würde dies nur ungefähr ein Viertel dieses Rückgangs abfedern.“
Unternehmen müssen umdenken: Employer Branding ist das Schlüsselwort
Und nicht nur aus diesen Zahlen resultiert, dass wir uns im steigenden Wettbewerb um die am besten qualifizierten Mitarbeiter befinden. Die massiven Veränderungen, die die Digitalisierung im Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Arbeit und die Erwartungen von Arbeitnehmern an Firmen mit sich bringen, führen dazu, dass Arbeitgeber grundsätzlich umdenken müssen.
Dafür bedarf es zunächst eines umfassenden Konzeptes und Maßnahmen für ein Employer Branding. Hier hilft die Digitalisierung, die Botschaften des Unternehmens beispielsweise über Social Media Kanäle in geeigneter Weise zu verbreiten und somit Aufmerksamkeit zu erreichen und die Bekanntheit – nicht nur im Hinblick auf das Produkt, sondern vielmehr was Kultur und Unternehmensphilosophie betrifft – zu verbessern. Denn die Nachwuchskräfte entscheiden ganz bewusst, welchem Arbeitgeber sie eine Bewerbung zukommen lassen. Und dabei spielen viele weiche Faktoren eine durchaus wichtige Rolle.
Gute Mitarbeiter müssen nicht nur gefunden, sondern auch gehalten werden. Wie?
Aber selbst, wenn wir unsere Wunschkandidaten „an Bord“ haben, müssen wir einiges dafür tun, um sie nicht zu verlieren. Zum Beispiel an andere Unternehmen, die mehr zu bieten haben. Und dieses „mehr“ besteht durchaus nicht immer in „mehr Gehalt“. Gefordert ist die Entwicklung einer Arbeitsumgebung, die den Bedürfnissen der Nachwuchsfachkräfte entspricht. Und dabei gibt es etliche Stellschrauben!
So zum Beispiel Diversity, keinesfalls ein Modewort, sondern ein wichtiger Erfolgsfaktor für Unternehmen. Heterogene Teams, die Vielfalt in mehr als einer Dimension repräsentieren, werden als Chance erkannt, Potenziale im Bereich Kreativität und Innovation freizusetzen. Dabei geht es nicht ausschließlich um fachliche Qualifikationen, vielmehr sind insbesondere kommunikative und soziale Kompetenzen nicht nur prägend, sondern auch entscheidend für den Erfolg dieses Ansatzes. Tim Cook hat schon vor einigen Jahren erkannt, dass die kulturell vielfältigsten Gruppen die besten Produkte hervorbringen. In Zeiten des drohenden Fachkräftemangels bekommt diese Aussage nochmals mehr Gewicht, denn es gilt, mit den bestehenden Mitarbeitern das Ergebnis zu optimieren.
Life-Work-Balance ist ein weiterer Schlüsselbegriff. Diese zu realisieren, liegt keineswegs alleine beim Mitarbeiter. Vielmehr sind es die Bedingungen, unter denen Arbeitsleistung erbracht werden kann, die heute eine wesentliche Rolle spielen, und dazu muss und kann der Arbeitgeber einiges tun.
Unternehmen sollten die Digitalisierung im Ringen um Fachkräfte geschickt nutzen
Gerade hier spielt auch die Digitalisierung eine nicht unerhebliche Rolle. So ist beispielweise die Automatisierung von Arbeitsprozessen durch entsprechende Softwaretools eine entscheidende Komponente, wenn es um Effizienzsteigerung geht. Und damit lassen sich unter Umständen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe, sprich mit einem Tool schlagen. Denn da wo automatisiert wird, fallen langweilige Routineaufgaben weg, die Kapazitäten bei Mitarbeitern unnötig belasten. Wo automatisiert gearbeitet wird, kann so schnell nichts vergessen werden. Weiteres Plus: Stellenprofile können attraktiver und vielseitiger gestaltet werden, weil die sich wiederholenden Aufgaben schlicht wegfallen oder zumindest weniger Zeit fressen. Mitarbeiter können sich um das Wesentliche kümmern, kreativ arbeiten und sich interessanten Herausforderungen stellen.
Wie kann Work-Life-Balance verwirklicht werden?
Aber Life-Work-Balance hat natürlich noch andere Komponenten. So ist die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort heute fast an der Tagesordnung. Die Erwartungen vor allem der jüngeren Generationen richten sich eindeutig an eine eigenverantwortliche Handhabung der Art und Weise, wie, wo und wann gearbeitet wird. Und auch hier spielt die Digitalisierung wieder die wichtige Rolle des Katalysators. Ohne die entsprechenden Kommunikationsmedien und technischen Hilfsmittel, lässt sich eine solche Remote-Kultur nicht realisieren. Die Anbindung ans Internet, der Zugriff auf Unternehmensdaten auch außerhalb der Arbeitsstätten, die zeitlich unabhängige Verfügbarkeit und Erreichbarkeit, sind wesentliche Voraussetzungen, um genau jenen Arbeits- und Lebensstil zu pflegen, der heute so populär ist.
Bei OTRS beispielsweise ist es das Thema Freiheit, welchem wir als wesentlichen Faktor für die Gestaltung von Arbeitsräumen – fachlich, zeitlich, lokal – eine besondere Bedeutung beimessen, wodurch sich Mitarbeiter gemäß ihrer individuellen Bedürfnisse einrichten und entfalten können.
Wer dies als Arbeitgeber jedoch in keiner Weise anbieten kann, wird sich auf Dauer im Wettbewerb um die Besten – im War of Talents – nicht behaupten können.
Autor: Sabine Riedel, Vorstandsvorsitzende der OTRS AG