Die deutsche Wirtschaft verschläft die Digitalisierung – so der landläufige Tenor vieler Fachdiskussionen. Aber stimmt das wirklich? Eine Studie des Analystenhauses Pierre Audoin Consultants (PAC) Deutschland in Kooperation mit dem ERP-Hersteller proALPHA ist dem Status quo auf den Grund gegangen. Sie zeichnet ein differenzierteres Bild.
Mit diesen Strategien macht der Mittelstand sich und seine Systeme fit für Industrie 4.0
71 Prozent der Mittelständler haben bereits Industrie 4.0-Projekte gestartet oder sogar schon erste Maßnahmen abgeschlossen, so die aktuelle PAC-Studie. Die meisten Unternehmen in Deutschland sind also mittendrin in der Digitalisierung. Dennoch geht es nicht so rasch voran, wie mancher sich dies wünschen würde. Als Ursache dafür haben die Analysten von PAC unter anderem alte und starre IT-Infrastrukturen ausgemacht. Im Zentrum der Digitalisierungsinitiativen steht das ERP-System und diese mächtige, unternehmenskritische Software lässt sich nicht über Nacht austauschen oder umbauen.
Industrie 4.0-taugliches ERP muss Integration und Datenanalyse beherrschen
- Für die überwiegende Mehrheit der von PAC befragten Mittelständler, genau gesagt 65 Prozent, hängt der Erfolg ihrer Industrie 4.0-Projekte unmittelbar von einem modernen ERP-System ab. Um eine smarte Produktion effizient zu unterstützen, muss die Software eine ganze Reihe unterschiedlicher Anforderungen bedienen.
- Für 62 Prozent der befragten Unternehmen ist die Integration von bereichsübergreifenden Prozessen entscheidend, um den Austausch von Daten effizienter zu machen und die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen zu verbessern
- 48 Prozent nannten die Fähigkeit zur Datenanalyse, inklusive Predictive Maintenance
- Ebenso viele sahen die Vernetzung der Shopfloor-Ebene mit dem ERP-System als sehr wichtig an. Hierbei gilt es, Fertigungsmaschinen, Maschinensteuerung und Maschinendatenerfassung an das ERP-System anzubinden, das seinerseits Fertigungsplanung und Materialwirtschaft übernimmt
- Lediglich 29 Prozent stuften die Integrationsmöglichkeiten für IoT-Daten und -Plattformen als bedeutend ein
- 19 Prozent nannten den Betrieb in der Cloud als wichtig
- Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Automatisierung von Prozessen bildete mit lediglich 14 Prozent das Schlusslicht des Anforderungskatalogs
Starre Systeme und Datensilos wirken also wie ein riesiger Bremsklotz auf die Transformationsdynamik. Die Unternehmen fahren quasi mit angezogener Handbremse in ihre digitale Zukunft. Keine gute Ausgangslage. So verwundert es nicht, dass viele Unternehmen ihre ERP-Systeme modernisieren wollen.
Von Verschlankung bis Kompletttausch – die Strategien
Laut PAC planen zwei von drei Fertigungsunternehmen aus dem Mittelstand eine umfassende Modernisierung ihrer ERP-Landschaft. Dabei verfolgen die Mittelständler für die nächsten 24 Monate ganz unterschiedliche Strategien, teils auch parallel:
- Ergänzung: 23 Prozent wollen mit einem neuen System Bestehendes erweitern
- Teil-Ablöse: 34 Prozent planen, eine Alt-Anwendung durch eine modernere Teillösung abzulösen
- Verschlankung: 44 Prozent gaben an, sie wollten die Gesamtzahl ihrer Geschäftsanwendungen reduzieren
- Ausbau: 69 Prozent planen, bestehende ERP- beziehungsweise Business-Software um einzelne Funktionalitäten oder Bausteine zu erweitern
- Kompletttausch: 16 Prozent werden innerhalb von zwei Jahren vollständig auf ein anderes ERP-System umsteigen, um ihre Industrie 4.0-Pläne realisieren zu können
Die Ergebnisse der Studie von PAC und proALPHA zeigen: Die Strategien sind so unterschiedlich wie die Unternehmen. Und ein großer Teil der Mittelständler hat sich bereits auf den Weg gemacht. Für alle anderen heißt es: Die Wartezeit ist vorbei, denn die Digitalisierung ist in vollem Gange.