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Feinplanung und Fertigungssteuerung mit Manufacturing Execution Systems (kurz: MES)

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Feinplanung und Fertigungssteuerung mit Manufacturing Execution Systems (kurz: MES)

Effizienter produzieren durch bessere Planung – In Zeiten von Industrie 4.0, Smart Factory und Industrial Internet of Things (IIoT) lässt sich über die Notwendigkeit von IT-System zur Unterstützung von Fertigungsprozessen nicht mehr streiten – ohne IT geht es einfach nicht. Dabei kann insbesondere der Blick in die Zukunft in Form einer Feinplanung als Königsdisziplin der Fertigungs-IT betrachtet werden. Wie sich die hier erwarteten Funktionen effizient abbilden lassen, zeigt der Blick auf den Aufbau eines Manufacturing Execution Systems (MES) gemäß VDI-Richtlinie 5600.

Feinplanung und Fertigungssteuerung mit Manufacturing Execution Systems – MES

Die Zielsetzung von Fertigungs-IT sollte klar sein, kann aber nicht oft genug genannt werden: sie unterstützt beim effizienten Einsatz der Ressourcen , hilft bei der Sicherung von Qualität, der Einhaltung von Lieferterminen und letztendlich beim Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu betrachten moderne MES-Systeme drei Zeiträume: Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Die Grenzen zwischen den Zeiträumen sind dabei als fließend anzusehen und die Zeithorizonte sind abhängig von den Produkten, die hergestellt werden.

Der Blick zurück

Die vergangenheitsbezogene Auswertung (Analytics) ist die älteste aller Disziplinen im Umfeld der Fertigungs-IT. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt wurden Daten z. B. mit Nutzungsschreibern erfasst, um diese später manuell auszuwerten. Meist fehlte es diesen Lösungen aber an Effizienz und Verlässlichkeit. Mit den ersten IT-basierten Systemen zur Erfassung von Betriebs- und Maschinendaten stieg auch die Akzeptanz solcher Lösungen. Das damals schon verbreitete Konzept des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) konnte mit den neuen Möglichkeiten weiter ausgebaut werden. Auch heute noch zählen vergangenheitsbezogene Auswertungen zum Alltagswerkzeug der meisten Fertigungsbetriebe und somit zu den Standardfunktionen eines MES-Systems.

Im Hier und Jetzt

Die Betrachtungen zum aktuellen Fertigungsgeschehen und die direkte Reaktion auf Ungeplantes weisen eine ähnliche Historie auf. Wurden prozessrelevante Messwerte früher manuell abgelesen und anschließend auf Basis von Erfahrungswerten oder Bauchgefühl entsprechende Maßnahmen abgeleitet, so führten IT-basierte Systeme auch hier zu mehr Verlässlichkeit, Vollständigkeit und insbesondere zu kürzeren Reaktionszeiten. Heute spricht man hier von Echtzeit und Condition Monitoring. Die Leistungsfähigkeit moderner IT-Systeme reicht in der Regel aus, um eine Vielzahl von Prozess- und Fertigungsparametern zu erfassen, zu bewerten und sogar Handlungsempfehlungen abzuleiten. Je komplexer und kürzer Fertigungsprozesse sind, desto mehr sind Unternehmen auf echtzeitfähige Systeme angewiesen. Auch hier leisten MES-Systeme wertvolle Dienste.

Der Blick in die Zukunft

Die fertigungsnahen Planungswerkzeuge haben einen spektakulären Weg der Veränderung hinter sind. Beginnend bei gigantisch großen Wandstecktafeln, über komplexe Excel-Tabellen bis hin zu einer Vielzahl eigenentwickelter Insellösungen werden auch heute noch exotisch anmutende, mit vielen Nachteilen behaftete Planungstools eingesetzt. Dagegen profitieren moderne, im MES integrierte Feinplanungssysteme sowohl von vergangenheitsbezogenen Auswertungen als auch von deren Echtzeit-Fähigkeit. Daher zählt man Fertigungsleitstände auch zu den Königsdisziplinen eines fortschrittlichen MES-Systems.

Moderne Feinplanung und Fertigungssteuerung

Zunächst einmal sollen „Feinplanung und Fertigungssteuerung“ gegen andere am Markt befindliche Begriffe abgegrenzt werden. Von einer Feinplanung spricht man, wenn Aufträge und Arbeitsgänge nicht nur einer bestimmten Schicht und Maschinengruppe mit unbegrenzter Kapazität zugewiesen werden, wie es meist in der Planung im ERP der Fall ist. Vielmehr lastet die Feinplanung Arbeitsgänge auf eine konkrete Maschine und zu einem relativ genauen Zeitpunkt (in der Regel auf Basis von Minuten) ein. Unter Fertigungssteuerung versteht man, dass aktuelle Daten aus der Fertigung (z. B. der Arbeitsfortschritt oder die Maschinenzustände) in die Planung einbezogen werden. Dadurch werden schnelle Regelkreise geschaffen und die Genauigkeit der Planung steigt signifikant. Je mehr Informationen über den aktuellen Stand der Dinge berücksichtigt werden können, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Planung auch in der geplanten Form umgesetzt werden kann. Gleichzeitig sorgt die Echtzeitanbindung dafür, dass zeitnah auf unerwartete Störungen (z. B. Maschinenausfall oder Werkzeugprobleme) reagiert werden kann. Die horizontale Integration eines modernen MES-Systems gemäß VDI-Richtlinie 5600 unterstützt diese Zielsetzung.

Mehrressourcenplanung

Die horizontale Integration ist auch die Voraussetzung dafür, dass moderne MES-Systeme in der Lage sind, nicht nur Arbeitsgänge auf Maschinen zu planen, sondern dabei auch andere, oftmals entscheidende Ressourcen zu berücksichtigen. Hierbei sind Verbrauchsressourcen (z. B. Material und Energie) von Bestandsressourcen (z. B. Maschinen, Werkzeuge, Betriebsmittel, Personal) zu unterscheiden. Insbesondere die Planung der Mitarbeiter birgt besondere Herausforderungen, da flexible Arbeitszeitvereinbarungen sowie ungeplante Fehlzeiten wie Krankheit zu berücksichtigen sind.

In vielen Fällen werden zusätzlich zu den Maschinen teure Werkzeuge oder Hilfsmittel benötigt. Diese Ressourcen ebenfalls in die Feinplanung einzubeziehen, hat den Vorteil, dass Doppelbelegungen frühzeitig verhindert und Wartungszeiträume berücksichtigt werden. Geplante Wartungen von Maschinen oder Werkzeugen erscheinen automatisch in der elektronischen Plantafel, so dass der zuständige Mitarbeiter diese berücksichtigen kann.

In einer mehrstufigen Fertigung entstehen enorme Nutzeffekte dadurch, dass die aktuellen Materialbestände in der Planung berücksichtigt werden. Dies ist nicht nur auf das Rohmaterial beschränkt, sondern bezieht sich insbesondere auf die WIP-Bestände, die bei der Produktion von Zwischenprodukten entstehen und die als wichtiges Planungskriterium dienen können. Somit werden unnötige Wartezeiten aufgrund fehlender Bestände bereits vor der eigentlichen Produktion erkannt und es können rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Auch die Berücksichtigung von Energieverbräuchen und vom Energielieferanten bereitgestellten Energiekontingenten kann enorme Kostenersparnisse zur Folge haben.

Integrierte Personaleinsatzplanung

Auch wenn „Personaleinsatzplanung“ nach einem Thema für die Personalabteilung klingt, so sind es in der Regel die Meister oder Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung, die entscheiden, welche Mitarbeiter ihrer Qualifikationen und Verfügbarkeit entsprechend an welchen Arbeitsplätzen und Maschinen eingesetzt werden sollen. Dabei kann je nach Branche und eventuellen Nachfrageschwankungen auch der Auftragsbestand ausschlaggebend für die benötigte Personalstärke sein. Mit Hilfe einer integrierten Personaleinsatzplanung sehen die zuständigen Mitarbeiter, wie viele Werker, Maschinenführer, Staplerfahrer etc. zu welchen Zeiten benötigt werden. Ein Abgleich mit den geplanten Anwesenheitszeiten der Mitarbeiter ermöglicht eine exakte Zuweisung von Mitarbeiter auf Arbeitsplätze. Im Falle von kurzfristigen Ausfällen (z. B. Krankheit) erkennt der Meister, dass Mitarbeiter mit einer bestimmten Qualifikation nun als Ersatz benötigt werden und er kann sich rechtzeitig um Alternativen kümmern.

Exkurs: Advanced Planning & Scheduling (APS)

Viele der zuvor genannten Funktionen gehören zwar zum Umfang einer modernen Feinplanung, die man in einem MES-Leitstand erwartet, werden aber auch einer anderen Anwendung zugeordnet – dem APS. Dabei ist der Funktionsumfang eines APS genauso wenig einheitlich definiert, wie der Begriff selbst. So existieren für die Abkürzung APS mindestens zwei Definitionen: Advanced Planing System und Advanced Planing & Scheduling. Je nach Anbieter wird ein APS mit dem Leitstand gleichgesetzt. Andere Anbieter hingegen positionieren ein APS-System auch oberhalb eines ERP-Systems. Im Gegensatz zum weitestgehend klar definierten Funktionsumfangs eines MES-Systems bzw. der Feinplanung und Fertigungssteuerung im MES herrscht bei APS also ein ziemlicher Wildwuchs. Daher sollten sich Unternehmen, die ihre Fertigungsplanung modernisieren wollen eher auf Funktionen als auf System-Kategorien konzentrieren. Nicht selten suchen Unternehmen nach einem APS, obwohl die Funktionen eines Leitstands im MES viel besser zu deren Herausforderungen passen.

Fazit

Eine moderne Feinplanung und Fertigungssteuerung sollte heutzutage und vor allem mit Blick auf Industrie 4.0 in keinem Fertigungsunternehmen mehr fehlen. Zum einen trägt der erzielbare Nutzen signifikant zur Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit bei, zum anderen sind moderne Planungs- und Steuerungsmethoden ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Smart Factory.

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