Ein potentieller Kunde stöbert in einem Online-Shop, füllt den Warenkorb, gibt seine Adresse ein…und bestellt im letzten Moment dann doch nicht. Dies ist für Händler ärgerlicher Alltag. Da scheint es naheliegend, Nutzer an ihren noch nicht bestellten Warenkorb zu erinnern. Doch sind solche E-Mails überhaupt zulässig? Trusted Shops, nimmt dieses beliebte „Marketingmittel“ aus rechtlicher Sicht etwas genauer unter die Lupe.
Warenkorberinnerungen: Abmahnfalle oder zulässiges Marketinginstrument?
Grundsatz: Werbung nur mit Einwilligung
Die Nutzung einer E-Mail-Adresse für Werbung ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Nutzer hierin eingewilligt hat. Dies beruht auf dem datenschutzrechtlichen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, nach dem eine Datenverwendung, welche nicht gesetzlich legitimiert ist, einer Einwilligung bedarf. E-Mail-Werbung ohne eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten stellt darüber hinaus eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.
Die Nutzung steht unter den Voraussetzungen, dass der Nutzer seine Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt hat, die Einwilligung protokolliert wird und der Nutzer den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen kann. Weiter muss der Nutzer darauf hingewiesen werden, dass er seine Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann (§ 13 Abs. 2 TMG).
In der Praxis wird dies häufig durch Checkboxen im Bestellprozess oder separate Newsletterseiten im Shop umgesetzt.
Sind Warenkorb-Erinnerungen Werbung?
Vielen ist bereits bekannt, dass man für einen wöchentlichen Newsletter eine Einwilligung braucht. Allerdings ist der Begriff der Werbung sehr weit zu verstehen:
„Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.“ (BGH, Urteil v. 12.09.2013 , I ZR 208/12)
Damit fallen nicht nur in regelmäßigen Abständen versendete Newsletter unter diesen Begriff, sondern bspw. auch Geburtstags-Mailings oder eben Warenkorb-Erinnerungen an Bestellabbrecher.
Ausnahmeregelung greift nicht
Ein Versand von E-Mail-Werbung kann unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG auch ausnahmsweise ohne Einwilligung erfolgen. Dies setzt jedoch u.a. voraus, dass die E-Mail-Adresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung bereits zur Verfügung steht. Dies ist im dargestellten Fall jedoch nicht erfüllt, da bei Bestellabbrecher-Mails durch den Abbruch des Bestellprozesses gerade noch keine Ware verkauft wurde. Außerdem darf in diesem Fall nur für „eigene, ähnliche Waren“ geworben werden – da aber noch gar nicht bestellt wurde, steht auch nicht fest, was eine ähnliche Ware zu der gekauften wäre.
Unser Tipp
Das Versenden von Warenkorb-Erinnerungen ist somit unzulässig, wenn der Nutzer keine ausdrückliche Einwilligung hierzu erteilt hat. Dabei ist es nicht relevant, ob es sich bei dem Nutzer um einen Verbraucher oder einen Unternehmer handelt. Obige Ausführungen gelten auch im B2B-Bereich.
Die erforderliche Einwilligung könnte z.B. zu Beginn des Bestellprozesses durch eine nicht vorangekreuzte Checkbox eingeholt werden. Eine bloße Information in der Datenschutzerklärung ist hingegen nicht ausreichend.
Wenn solche Mails ohne Einwilligung versendet werden, kann dies von Mitbewerbern, Verbänden oder qualifizierten Einrichtungen abgemahnt werden. Außerdem stehen auch dem Empfänger selbst Unterlassungsansprüche zu.